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Das Weinland Österreich erfand sich nach dem Weinskandal von 1985 neu. Die Erfolgsgeschichte der vergangenen 30 Jahre gründet auf einem strengen Weingesetz und auf dem konsequenten Qualitäts-, später auch Herkunftsfokus. Eine ganz wesentliche Rolle spielt außerdem eine sehr vielseitige, urösterreichische Rebsorte, die auch international viele Sympathien gewann und zum Exportschlager wurde: Grüner Veltliner.
Die österreichische Paradesorte Grüner Veltliner besitzt das Potenzial zu hohen Traubenerträgen und eignet sich daher bestens für die Herstellung günstiger Massenware. Genau das ist ab Mitte des vorigen Jahrhunderts auch ihre Aufgabe gewesen. Damals setzten die Weingüter auf entsprechend ertragreiche Veltliner-Klone, gepflanzt in Lenz-Moser-Hochkultur, die unter anderem die Mechanisierung der Weingartenarbeiten ermöglichte. Abseits der auf Quantität ausgerichteten Weinproduktion sah man aber auch klar, dass Grüner Veltliner bei Ertragsbeschränkung und qualitätsorientierter Vinifikation für Topqualität geeignet ist. Schon in den Achtzigerjahren bewiesen dies die kräftigen Smaragd-Weine der Vinea Wachau, und in der Folge nahm die Entwicklung in Richtung Qualität auch in anderen Gebieten Fahrt auf.
Ende der Neunziger wagte man sich mit den Weinen dann nach Übersee und präsentierte den Grünen Veltliner in den USA. Die Zeit war reif. Für die von Chardonnay mit Holzgeschmack übersättigten New Yorker brachte der fruchtbetonte Grüne Veltliner aus Österreich eine willkommene Abwechslung ins Glas. Auch in kühn arrangierten Vergleichsverkostungen mit weißen Top-Burgundern schlugen sich die kraftvollen Veltliner prächtig. So errang der „Groone“ in den 2000ern einen gewissen Ruhm in der New Yorker Gastronomie und stärkte das Selbstbewusstsein der gesamten österreichischen Weinbranche. Heute findet man Grünen Veltliner auf den Weinkarten von Spitzenrestaurants auf der ganzen Welt – von Skandinavien bis Shanghai. Als Speisenbegleiter ist er besonders geschätzt, passt er doch keineswegs nur zum vielzitierten Wiener Schnitzel, sondern in seiner Bandbreite an Stilen zu außergewöhnlich vielen Gerichten und nicht zuletzt zur Gemüseküche.
Nachdem es der Grüner Veltliner außerhalb von Österreich zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hatte, wurde er auch international ausgepflanzt. So gibt es heute kleine Flächen in den USA, in Australien und Neuseeland, dazu in Deutschland, Umbrien und Südtirol. Traditionell hat Grüner Veltliner nennenswerte Verbreitung in Tschechien, in der Slowakei sowie in Ungarn. Doch nirgends genießt er auch nur annähernd einen so hohen Stellenwert wie in Österreich, wo er als autochthone Rebsorte gilt. Autochthon bedeutet, dass eine Sorte aus einer bestimmten Region stammt und in erster Linie dort verbreitet ist – und tatsächlich nimmt Grüner Veltliner ein Drittel der österreichischen Gesamtrebfläche ein. Von seinen insgesamt 15.000 Hektar befinden sich fast 13.600 in Niederösterreich, an die 1.200 im Burgenland und etwa 200 in Wien (Weingartengrunderhebung 2020).
Interessant ist, dass Grüner Veltliner genetisch nicht zur Veltliner-Familie gehört. Er ist weder mit Rotem Veltliner noch mit Braunem oder Frührotem Veltliner verwandt. Treffender wäre eigentlich sein heute nur selten gebrauchtes Synonym „Weißgipfler“, welches nicht nur auf seine weißwollig behaarten Triebspitzen hinweist, sondern auch auf die tatsächlich bestehende Verwandtschaft zum Rotgipfler. Denn mit Rotgipfler hat Grüner Veltliner einen Elternteil gemeinsam – den Traminer. Welche seine zweite Elternsorte ist, lag lange Zeit im Dunkeln, und erst 2007 fand das Rätselraten durch einen Zufall ein Ende. Im Burgenland hatte man einen mehr als hundert Jahre alten Rebstock entdeckt, der sich in einem Gestrüpp bei Sankt Georgen am Leithagebirge verbarg. Einige Zeit später wurde dieser genetisch untersucht und stellte sich dabei tatsächlich völlig überraschend als Elternteil des Grünen Veltliners heraus. Da die Wissenschaft der Rebe mit sonst keiner bekannten Sorte eine Verwandtschaft nachweisen konnte, wurde sie nach ihrem Fundort benannt. Grüner Veltliner gilt demnach heute als Kreuzung von Traminer x Sankt Georgen.
Die Aromatik des Grünen Veltliners ist unaufdringlich, von frischen Kernobst- und Zitrusnoten geprägt, nicht selten schwingt Exotik mit, doch sie ist niemals „laut“. Abhängig vom Weinstil zeigt sich die Frucht hell und zitrisch – Apfel und Grapefruit sind typisch – oder auch intensiv gelbfruchtig, mit tropischen Aromen nach Orangen, Mango und Maracuja. Immer präsent ist jedoch eine markante Würze, die kräuterig, tabakig oder auch pfeffrig in Erscheinung treten kann. Hier kommt demnach das berühmte „Veltliner-Pfefferl“ ins Spiel. Heute weiß man, dass für die pfeffrigen Noten ein ganz bestimmter Aromastoff verantwortlich ist. Dieser heißt Rotundon und wurde erst 2008 entdeckt – in Syrah, einer Sorte, die sich ebenfalls durch markante Würze auszeichnet. Der Rotundon-Gehalt in den Trauben des Grünen Veltliners ist einerseits vom Klon abhängig, andererseits begünstigen kühle Temperaturen, feuchtes Wetter und die Beschattung der Trauben die Menge an Rotundon. Sie bleibt teilweise – und in Zeiten der Klimaerwärmung wohl immer öfter – unter der Wahrnehmungsschwelle. Deshalb kann Grüner Veltliner ein ausgeprägtes Pfefferl besitzen, muss er aber nicht.
Außergewöhnlich ist des Grünen Veltliners Vielseitigkeit. Die Bandbreite an Weinen reicht vom unkomplizierten knochentrockenen Einstiegswein bis zur edelsüßen Trockenbeerenauslese – und dazwischen ist quasi alles möglich. In der leichten und frischen Version ist Grüner Veltliner ein süffiger Begleiter für jeden Tag. Mittelkräftige Weine besitzen ein Mehr an Fruchtschmelz, Würze und Mineralität. Reifen seine Trauben sehr lange am Stock und erreichen eine hohe Konzentration, so zeichnet sich der kraftvolle Grüne Veltliner durch Fülle, Cremigkeit und einen hohen Extraktgehalt aus. Vom Stahltank bis zum kleinen Holzfass sind alle Ausbauarten möglich.
Auch als Natural Wine beziehungsweise maischevergoren als Orange Wine macht sich Grüner Veltliner immer wieder hervorragend. Dazu ist er im allgemeinen Schaumwein-Boom auch bei der Sektherstellung beliebt, bringt er als autochthone Sorte doch auch beim Schaumwein die Herkunft Österreich gekonnt in die Flasche. Veltliner-Sekte gibt es sortenrein, aber auch als Cuvéepartner funktioniert er bestens.
Wie keine andere Rebsorte steht Grüner Veltliner für Herkunftsweine aus Österreich. Paradegebiet und Vorreiter ist dabei das Weinviertel, wo schon seit dem Jahrgang 2002 allein der Grüne Veltliner als Weinviertel DAC vermarktet werden darf. Fruchtig und frisch lautet das allgemeine Motto, doch das Weinviertel ist groß und durchaus heterogen – das spiegelt sich auch in der Veltliner-Vielfalt, und seit dem Jahrgang 2009 gibt es zudem die kraftvollen Weinviertel DAC Reserven.
Auch im Kamptal, Kremstal, Traisental, in der Wachau und am Wagram ist der Grüne Veltliner eine DAC-Sorte, die gebietstypische Weine in verschiedenen Qualitätsstufen – vom Gebietswein, über Ortswein bis zum (Erste) Lagen-Wein – hervorbringt. Die besten Riedenweine zeichnen sich durch hohe Komplexität, feine Mineralität und lange Lagerfähigkeit aus. Das gilt von der Wachau über den Wagram bis nach Wien, aber genauso für den weißen Leithaberg DAC im Burgenland, wo beispielsweise Donnerskirchen als Grüner-Veltliner-Insel gilt. Im Weingarten ist Grüner Veltliner demnach ein Allrounder und stellt keine speziellen Ansprüche an die Lage. Er gedeiht sowohl auf kargeren Böden mit kristallinem Ausgangsgestein als auch auf nährstoffreichem Untergrund mit etwas Kalkgehalt sehr gut. Nur zu große Trockenheit schätzt er nicht, sondern blüht dann auf, wenn sein Tisch reich gedeckt ist.
Veltliner-Reben lieben fruchtbare Böden mit guter Wasserversorgung, wie zum Beispiel die tiefgründigen Lössböden am Wagram. Sie verleihen den Weinen eine warme Würze und einen gelbfruchtigen Veltliner-Charakter. In den Kamptaler Weinen spürt man hingegen meist den kühlen klimatischen Einfluss des Waldviertels, welcher dem Grünen Veltliner viel Frische und markante Würzigkeit verleiht. Die Lagenweine der Wachau zeichnet wiederum oft eine besondere Dichte, Extraktfülle, aber auch Mineralität aus. Am berühmten Loibenberg findet man den Grünen Veltliner zum Beispiel bevorzugt auf Lössinseln. Im Traisental, wo Grüner Veltliner mit 60 Prozent den höchsten Anteil überhaupt besitzt, sind die Böden vom Kalk geprägt, was für eine besonders klare Struktur, Saftigkeit und Finesse sorgt. Unbestritten bleibt somit des Grünen Veltliners Fähigkeit, sein Terroir widerzuspiegeln und Herkunft ins Glas zu transportieren.
Die Konsequenzen des Klimawandels stehen uns in eindringlichen Bildern vor Augen: So fürchten sich die Niederländer besonders vor dem Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der Polkappen, während wir in Österreich beim Gedanken an grüne Skipisten im Winter oder eine Wachau mit Syrah statt Grünem Veltliner erschauern. Dass solche Albträume nicht völlig unbegründet sind, zeigt der Klimaexperte der Universität für Bodenkultur in Wien, Herbert Formayer, in seinem Artikel „Weinbau von der Kleinen Eiszeit bis zum Zeitalter des Klimawandels“. Ohne wirkungsvolle Gegenmaßnahmen würden demnach bereits im Zeitraum 2036–2065 in den niederösterreichischen Weinbaugebieten Cabernet Franc und Merlot bessere Bedingungen vorfinden, als Österreichs Paraderebsorte. Es stellt sich daher die Frage, wie der Weinbau hierzulande auf dieses Bedrohungsszenario reagiert.
In seiner Dissertation mit dem Titel „Die Klimaänderung (in) der Wachau“ aus dem Jahr 2009 konstatierte Dr. Alexander Wimmer, „dass der Wissenstand über die Klimaänderung gering ist, dass eine systematische Auseinandersetzung mit den möglichen Folgen – Chancen und Risiken – der Klimaänderung bisher nicht stattgefunden hat und vor allem „psychologische Mechanismen“ (z.B. „Abschieben“ des Problems auf die nächste Generation) zur Bewältigung des Problems angewendet werden.“ Dieses damals nicht nur in der Wachau fehlende Problembewusstsein zeigte sich besonders in den heißen Jahrgängen zwischen 2000 und 2012. Niemals zuvor in der Weingeschichte Österreichs gab es eine solche Abfolge warmer bis heißer Jahrgänge. Zuerst freuten sich die Winzer damals noch über die hohen Zuckergrade, denn die Generation davor kämpfte noch mit allzu vielen kühlen Jahren, in denen die Trauben nicht richtig reif wurden. Allerdings wurde in der Euphorie vor allem beim Grünen Veltliner im Smaragd/Reserve-Bereich manchmal zu sehr aufs Gas gedrückt. Nicht ganz unschuldig an dieser Fehlentwicklung waren Wine Writers, die diese kopflastigen Bomben mit einem wahren Punktesegen abfeierten und, so ehrlich muss man sein, auch wir im Handel, die damit ein gutes Geschäft machten. Inzwischen kann man mit Fug und Recht sagen, dass die Branche hierzulande viel dazugelernt hat und es heute viel besser versteht, mit den geänderten Bedingungen umzugehen. Der Klimawandel und seine vielfältigen Konsequenzen sind ja längst in den Köpfen der Menschen angekommen. Der spürbare Anstieg der Durchschnittstemperatur, der in vielen Weinbaugebieten der Welt am Anfang noch begrüßt wurde, beschleunigt sich doch in einem Ausmaß, dass immer mehr Menschen die Notwendigkeit einer drastischen Reduktion der Treibhausgase einsehen lässt.
Es sind vor allem die zunehmenden Wetterextreme, die der Landwirtschaft ganz allgemein immer mehr zu schaffen machen. Immer häufiger auftretende Dürreperioden im Sommer werden durch Unwetter mit Starkregen unterbrochen, der wenig Entspannung bringt, weil das viele Wasser vom ausgetrockneten Boden nicht aufgenommen werden kann und zu massiver Erosion führt. Die Hagelversicherung kann dokumentieren, dass auch extreme Hagelereignisse deutlich zunehmen. Außerdem überleben in den milden Wintern ohne Niederschlag auch massenhaft Schädlinge, die man dann wieder mühsam bekämpfen muss. Das größte Risiko in Zeiten der Klimaerwärmung ist jedoch der Spätfrost. Durch den statistisch immer früheren Austrieb sind die Reben vor allem im April besonders verwundbar, wenn es wie so oft nach warmen Frühlingperioden zu einem Kälteeinbruch kommt. 2016 zum Beispiel wurden in der Steiermark durch die Frostnächte um den 25. April bis zu 80 Prozent der Ernte vernichtet – nicht nur beim Wein. Immer wieder trifft es auch Deutschland, Burgund (vor allem Chablis!) und sogar Bordeaux. Das Problem der Spätfröste ist auch der Grund dafür, dass kein übertriebener Optimismus für die Ausbreitung des Weinbaus nach Nordeuropa am Platz ist. Die Produzenten von hochwertigen englischen Schaumweinen können davon ein Lied singen. Sie bewegen sich trotz hoher Preise für den „British Fizz“ bisweilen hart an der Rentabilitätsgrenze.
Trotz all dieser beunruhigenden Entwicklungen muss man heute jenen entgegentreten, die den Abgesang des Grünen Veltliners angestimmt haben. Es genügt eine Analyse der letzten Dekade: Vier warmen Veltliner-Jahrgängen wie 2015, 2017, 2018 und 2019 mit wuchtigen Gewächsen stehen die sechs frischeren Jahre 2013, 2014, 2016, 2020, 2021 und 2022 gegenüber. Auch kann sich die Weinwirtschaft etwas besser auf den Klimawandel einstellen als etwa der Obst-, Gemüse- oder Getreideanbau. Neben neuen Erkenntnissen bei der Laub- und Bodenarbeit geht es in Zukunft darum, noch genauer die idealen Standorte für die jeweilige Rebsorte zu finden. Für den Grünen Veltliner ist hier längst noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Toni Bodenstein vom Weingut Prager zum Beispiel hat als einer der ersten in hochgelegene Lagen der Wachau investiert und kürzlich ganz oben auf der Weißenkirchner Achleiten aufgelassene Terrassen aus dem Mittelalter rekultiviert. Vielleicht müssen wir auch die geistige Flexibilität haben, die Wertigkeit von Lagen im Lichte des Klimawandels neu zu überdenken. Aber das kurz bevorstehende Ende des Grünen Veltliners in Österreich herbeizubeten, scheint mir dann doch zu schwarzgemalt.
Ihr Willi Klinger
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